Meine Arbeit als Logopädin in der Brücke

Kaum zu glauben, aber es ist nun fast schon 20 Jahre her, dass ich meine ersten Schritte in „Die Brücke“ gemacht habe. Über meine damaligen Gefühle (Aufregung und Unsicherheit im Umgang mit Menschen mit Behinderung), habe ich erst kürzlich in einem, von mir verfassten Bericht gelesen (Jahresbericht 2004/2005) und musste schmunzeln. Obwohl ich schon damals sehr herzlich von den Betreuten und den Mitarbeitern empfangen wurde, hatte ich große Sorge, alles richtig zu machen und niemanden falsch zu behandeln. Doch schnell merkte ich, dass diese Sorge unbegründet war, denn ich habe gelernt ehrlich und zugewandt mit Allen umzugehen.

Nachdem ich kurz vor dem Beginn meiner Arbeit in der Brücke, meine Ausbildung als Logopädin abgeschlossen hatte, waren die Anfänge meiner Therapien dort noch sehr an das Vorgehen einer „Standard Therapie“ angelehnt. Die zunehmende Erfahrung zeigte aber, dass dazu noch viele andere und zum Teil noch wertvollere Gesichtspunkte kamen. So standen nicht nur Bereiche wie z.B. Mundmotorik, Verbesserung der Artikulation, des Wortschatzes und des Sprachverständnisses, Atem- und Stimmtherapie, Förderung des Lesens und Schreibens, sondern auch oft individuelle und zwischenmenschliche Probleme auf der Agenda. Immer wieder habe ich gemerkt, dass ich zwar eine Therapeutin bin, aber auch schon zum „Inventar“ gehöre. Ich habe das Gefühl, für einige ein Ansprechpartner geworden zu sein, der ein Mal pro Woche ein fester Bestandteil ihres alltäglichen Lebens ist und mit dem man gerne, über die verschiedensten Sachen spricht. Auch ich freue mich jedes Mal wieder, wenn ich in die Brücke komme und so freudig empfangen werde. Ich habe hier so viele wertvolle Menschen kennengelernt, durch die ich viel erfahren und gelernt habe. In keiner anderen Umgebung, spürt man so deutlich wirkliche Freude und Ehrlichkeit. Ich bewundere viele meiner Patienten, wie sie sich in ihrem Leben zurechtfinden und bin jedes Mal wieder aufs Neue gespannt, was in einer Therapiestunde passiert.

Seit nun auch schon über 9 Jahren, komme ich nicht mehr alleine in die Einrichtung. Mein Border Collie Gizmo begleitet mich fast immer. Auch er fühlt sich hier mächtig wohl. Kaum aus dem Auto ausgestiegen, macht er sich auch schon auf den Weg zum Eingang und die Treppe hinauf. Nachdem er sich in der Förderstätte gleich mal seine Streicheleinheiten abgeholt hat und wir kurz den Tagesablauf organisiert haben, macht er mich, durch Jaulen darauf aufmerksam, dass wir uns doch nun bitte in den ersten Stock bewegen sollen, um den Schlüssel für den Therapieraum zu holen. Um diesen geht es ihm aber nicht wirklich, sondern er bekommt dort immer von den Mitarbeitern aus der Verwaltung ein Stück Wurst oder Käse aus dem Kühlschrank. Und dann kann es losgehen. Wir holen gemeinsam einen Patienten aus der Förderstätte ab und „quetschen“ uns in den Aufzug. Oben angekommen gibt es für Gizmo zwei Möglichkeiten, die er beide gleich gerne hat. Entweder er schläft oder er arbeitet mit mir und dem Patienten. Wenn er aktiv dabei ist, läuft dies meist so ab, dass der Patient eine Aufgabe durchführen soll. Wenn ihm dies gelungen ist, sammelt er z.B. Leckerlies, welche sich Gizmo anschließend, durch Vorführen unterschiedlicher Tricks,  vom Patienten verdienen muss. Aber auch er hat schon gelernt, dass es manchmal auch schon reicht, nur dazu sein, streicheln zu lassen und Aufmerksamkeit zu schenken.

Gizmo und ich können uns sehr glücklich schätzen, schon zum „alten Eisen“ der Brücke zu gehören. Es ist etwas ganz Besonderes hier zu arbeiten. Hier gibt es so viele außergewöhnliche Menschen, die einzigartig sind und auf deren Lächeln man sich jede Woche aufs Neue freut.

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